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Sanierungsfall Kirche: Die Herausforderungen des ältesten Immobilienbesitzers der Welt

Tamara Hofacker

GebäudeCheck

Kirchen, Pfarrhäuser, Gemeindezentren, Kindergärten: Das Immobilienportfolio der beiden großen Kirchen ist beeindruckend. Doch die Probleme scheinen erdrückend: Mitgliederzahlen und Geldmittel schwinden, und die alternden Gebäude sind anfällig. Digitale Tools können dabei helfen, das Bestandsmanagement zu konsolidieren.

Mehrzweckhalle_Karlsdorf Neuthard

Mehr als 47.000 Sakralbauten gibt es in Deutschland. Zahlen des Bundesamts für Statistik zufolge sind 45.500 davon Kirchen: 24.500 katholische und 21.100 evangelische. Dazu kommen Moscheen und einige Synagogen. Viele davon sind Jahrhunderte alt, manche sogar ein Jahrtausend oder mehr. Bereits mit der einsetzenden Christianisierung des Landstrichs, der sich heute „Deutschland“ nennt, entstanden im 4. Jahrhundert die ersten Bauten. Der Großteil entstand jedoch später: Im 10. Jahrhundert setzte im Zeitalter der Romanik der erste Kirchen-Bauboom ein, später folgten weitere Wellen in Gotik und Renaissance. Der bislang letzte Boom folgte im Zweiten Weltkrieg, als viele zerstörte oder zumindest beschädigte Bauten  wiederaufgebaut werden mussten.

Kirche ist ältester Immobilienverwalter der Welt

Die Kirche steht gleich im doppelten Sinn vor Herausforderungen: Erstens laufen seit Jahrzehnten die Mitglieder davon, die Reihen in den sonntäglichen Gottesdiensten haben sich gelichtet. Und die Sanierung der Gebäude kostet viel Geld. Das hat die Kirche zwar noch – doch mit schwindender Mitgliederzahl schwinden auch die Beiträge. Die Kirchen kennen diese Trends. In einem gemeinsamen Positionspapier kommen die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der katholische Verband der Diözesen Deutschlands (VDD) deshalb zu dem Schluss, dass sie bis zum Jahr 2060 ungefähr 40.000 ihrer Immobilien aufgeben müssen – also fast ein Drittel. Denn zu diesen Immobilien gehören nicht nur die Kirchengebäude selbst, sondern auch der große Bestand sonstiger Objekte: Klöster, Pfarrhäuser, Bildungseinrichtungen, Krankenhäuser und auch historische Gebäude, die nicht unbedingt einen kirchlichen Zweck erfüllen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zählt 75.062 Immobilien in Deutschland ihr eigen, geht man von der gleichen Größenordnung bei der Katholischen Kirche aus, wären es 150.000 Objekte. Teils stammen sie aus dem kirchlichen Erbe, teils wurden sie im Laufe der Zeit aus verschiedenen Gründen erworben. Sie dienen oft der Unterstützung kirchlicher und sozialer Aktivitäten oder können auch kommerziell genutzt werden, um Einnahmen für die kirchlichen Aufgaben zu generieren. Nach Angaben der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) besitzt sie neben den rund 21.000 Kirchengebäuden auch 17.000 Pfarrhäuser, 13.000 Gemeindezentren und Gemeindehäuser sowie weitere 14.000 Gebäude wie zum Beispiel Kindergärten. Diese Erfahrung ist eine der größten Vorteile, die die Kirche als Immobilienmanagerin hat: Nur sie kann ein solches Portfolio vorweisen, das Jahrtausende alte Sakralbauten ebenso beinhaltet wie moderne Immobilien. Und nur sie kann auf eine jahrhundertelange Erfahrung im Bestandsmanagement verweisen.

Kultursponsoring als Finanzierungsmittel

Diese Erfahrung ist auch bitter nötig. Denn Probleme gibt es genug. Zum Beispiel bei der Finanzierung der Sanierungen. Dabei ist Kreativität gefragt. Manche Kirchengemeinden führen Spendenaktionen durch, treiben Fördermittel bei Land oder Bund ein oder gehen Partnerschaften mit lokalen Unternehmen ein, die die Sanierung unterstützen. Ein Beispiel für eine solche Partnerschaften ist das „Notre-Dame vom Feuersee“, die Johanneskirche am Feuersee im Westen von Stuttgart. Mit dem Unternehmen Kärcher fand die Evangelische Landeskirche einen Partner, der Kultursponsoring betreibt und die Reinigungsarbeiten gratis durchführt. Das Unternehmen wiederum kann sich ans Revers heften, an der Sanierung bekannter Kulturdenkmäler beteiligt zu sein – neben der Feuersee-Kirche gehört dazu unter anderem die Jesus-Statue in Rio de Janeiro.

Das Beispiel Feuersee verdeutlicht auch, was anfallen kann, wenn eine Kirche in die Jahre kommt – selbst dann, wenn sie „nur“ 150 Jahre alt ist wie die Johanneskirche. Dort hatten sich Risse im Sandstein gebildet, durch die Feuchtigkeit eingedrungen war. Frost hatte die Risse ausgedehnt. Hatten die Risse den Stein bereits zu stark geschädigt, musste er komplett erneuert werden. Ein weiteres Problem: Über die Jahrzehnte hinweg sind Reparaturen mit Kunststeinen durchgeführt worden. Diese haben allerdings andere Eigenschaften als Sandstein – eine Tatsache, die Restauratoren berücksichtigen müssen. Filigrane Verzierungen wie Kreuzblumen sind der Witterung ausgesetzt und deshalb anfällig für Schädigungen. Viele Kirchen leiden aufgrund ihres Alters unter strukturellen Problemen wie Fundamentschwächen, Schäden durch Wasser oder Schädlinge und die Verschlechterung von Baumaterialien. Die Behebung dieser Probleme kann komplex und kostspielig sein. Von der Sanierung des Kircheninneren ganz zu schweigen.

Kunsthistorisches Wissen ist gefragt

Bei der Sanierung von Kirchen gibt es viele weitere Herausforderungen. Manche sind den Kirchen eigen, andere teilen sie mit historischen weltlichen Bauten. Dazu gehört der Denkmalschutz. Denn viele Kirchen sind historische Gebäude. Die Verantwortlichen müssen sich eng mit den zuständigen Behörden abstimmen, um sicherzustellen, dass alle Sanierungsarbeiten den Vorgaben entsprechen und den historischen Charakter des Gebäudes bewahren. Dazu kommt die Barrierefreiheit, auch das ein Thema, das Profan- und Sakralbauten gemeinsam haben. In Kirchen ist es allerdings noch etwas kniffliger, Modernisierungsmaßnahmen durchzuführen, weil sie den Charakter und die Atmosphäre des Baus möglichst nicht beeinträchtigen sollten. Wer also Heizungen, Leuchtmittel oder Medientechnik in Kirchen einbauen will, braucht Fingerspitzengefühl. Apropos Charakter und Atmosphäre: Die Aura des Kircheninneren lebt von der Handschrift ihrer Baumeister. Die Gestaltung der Fresken, Altäre, Glasmalereien, Skulpturen und natürlich Kirchenfenster macht die Gebäude einzigartig und weist sie gleichzeitig als Kinder ihrer jeweiligen Epoche aus. Instandhaltung, vor allem aber Sanierung setzt das Fachwissen eines Restaurators voraus, der sich nicht nur mit Materialien auskennt, sondern auch mit Kunstgeschichte.

Digitale Tools für Instandhaltung und Sanierung unerlässlich      

Digitale Werkzeuge wie der GebäudeCheck von PLAN4 sind für die verschiedenen Landeskirchen und Bistümer mindestens genauso wichtig wie für Behörden. Denn gerade die hohe Individualität und Einzigartigkeit der Gebäude muss präzise erfasst und hinterlegt werden, um ihr Bestehen auch für die kommenden Jahrhunderte zu sichern. Zukünftige Arbeiten an den historischen Objekten werden einfacher, wenn jetzt der Grundstein gelegt wird. Der Zustand aller Komponenten sollte deshalb digital erfasst werden, um bei den kommenden Besichtigungen stets einen umfassenden und detaillierten Überblick zu haben. Wichtig ist außerdem, dass Behörden, Kirchenvertreter sowie die mit der Sanierung beauftragten Unternehmen gleichermaßen Zugriff auf die Daten haben. Nur so kann eine effektive, transparente und abgestimmte Instandhaltung und Sanierung gelingen, mit der die Kirchen Zeit und Geld einsparen können. Der GebäudeCheck von PLAN4 bietet genau das und noch viel mehr – die Grundlage für die erfolgreiche Bewahrung historischer Bausubstanz.

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